20. Dezember 2010

Ganz schön Sharp

Nach etlichen Wartezeiten, Recherchen und Umbauarbeiten, dürfen wir nun endlich unseren Gast aus Japan im Computermuseum Willkommen heissen.


Bei diesem schönen Gerät handelt es sich um den Sharp X68000 XVI Compact, dem ersten echten japanischen Computer in unserer Sammlung. Dieser sollte nicht verwechselt werden mit unseren Sharp MZ und den MSX Geräten, die zwar ihren Ursprung auch in Japan haben, dessen Modelle aber für den europäischen Markt konzipiert wurden. Japanische Famicom und PC-Engine Konsolen sind ebenfalls eine Klasse für sich. Wir sprechen hier aber von einem Computer, der nie ausserhalb von Japan ausgeliefert wurde.


Bevor wir näher ins Detail gehen, eine kurze Geschichtsstunde. Wir schreiben das Jahr 1982. Amerikanische Computerhersteller tun sich schwer, ihre Geräte hinter dem Pazifik zu verbreiten, zumal die meisten davon eine zu niedrige Bildauflösung hatten, um komplexe Japanische Schriftzeichen ideal darzustellen. Stattdessen teilten sich die Firmen NEC, Fujitsu und Sharp den Hauptanteil des japanischen PC-Marktes bis in die späten 90er Jahre. Die 8-bit Ära bestand aus den PC-88 (NEC), X1 (Sharp) und FM-7 (Fujitsu). Nicht zu vergessen natürlich die MSX Reihe, die jedoch einem offenen Standard entsprach und von verschiedenen Firmen gebaut wurde.

Gegen Ende der 80er gingen die drei genannten Firmen ins 16-bit Rennen, bevor IBM-kompatible Maschinen in Japan endlich ihren Durchbruch hatten. Im Gegensatz zu dem PC/AT-ähnlichen NEC PC-98 mit 50% Marktanteil(!) und Fujitsus Multimediamonster FM-Towns war Sharp's X68000 der leistungsstärkste Motorola 68000-basierte Computer, den man für die damalige Zeit bekommen konnte und stellte kurzerhand Amiga, Atari ST und Mac in den Schatten. Für seine 369'000 Yen (damals knapp 4'000 CHF) war er auch entsprechend teuer und somit eher für anspruchsvolle Programmierer und Hobbyisten gedacht.

Zum Beispiel wurde der X68k auch von Game Herstellern wie Capcom für die Entwicklung Ihrer CPS Arcade Spiele genutzt. Da die Hardware zwischen X68 und den Arcade Cabinets kaum Unterschiede aufwies, wurde es zum ersten Mal möglich Spielhallentitel Pixel-genau auf einer Heim-Maschine umzusetzen, was anderen Computern und Konsolen damals ziemlich schwer fiel.

Den Hauptanteil der Spielebibliothek für den X68k machen in diesem Fall Arcade-ports aus. Besondere Exklusivtitel gibt es hier und da, deren Anzahl im Vergleich zu der massiven Liste für die NEC Maschinen allerdings eher spärlich ist. Der Sharp eignet sich somit am besten für die Darbietung von Arcade-Games, ohne dass dabei ein Emulator wie MAME nötig wird.


Nun denn, was braucht ein schweizerisches Museum um eine solche japanische Edelmaschine zum Laufen zu bekommen?

Fürs erste einmal das nötige Geld für den Kauf, dann mindestens 2 Monate Wartezeit, wenn man sich keinen schnelleren Versand als mit Schifffracht leisten kann.
Wir hatten uns für ein XVI Compact Modell entschieden, welches über genügend internen RAM, sowie 3.5'' Disketten und SCSI Anschluss verfügt.


Als nächstes musste für den Stromversorgung sicher gestellt werden. Bei den meisten Importen haben wir Glück, wenn wir lediglich dafür ein neues externes Netzteil besorgen müssen. Diverse Quellen bestehen aber darauf, dass der X68k nur mit genau 100 Volt betrieben werden darf. Unsere Maschine läuft jedoch tadellos mit einem 110V Spannungskonverter. Eigentlich nicht verwunderlich, denn das japanische Stromnetz schwankt ja ohnehin zwischen 100V-110V Wechselstrom.


Die nächste Hürde kam Form des Videoanschlusses. Idealerweise würde man hier auf einen speziellen Sharp PC-Monitor zurückgreifen, welcher allerdings unserem Budget den Rahmen sprengen würde. Glücklicherweise findet sich auf der Rückseite ein DA-15 Port mit einem VGA-kompatiblem RGB-Signal. Ein Kabel war schnell gebastelt (Vorsicht mit der Belegung!), schon läuft die Maschine auf einem gängigen PC-Monitor. Merci Martin!


Originalsoftware wäre schön zu haben, kommt aber nicht in Frage, weil diese nur im 5.25'' Format und teils zu monströsen Preisen erhältlich sind (Castlevania für $180?!). Nach einem kurzen Griff ins TOSEC-Archiv, hatten wir schon was wir brauchen. Die Images wurden mit VFIC ins XDF Format zurück konvertiert. Zuletzt mussten nur die noch Images mit NTRawrite auf Diskette geschrieben werden. Gängige 1.44MB High Density Disketten reichen dafür völlig aus, umformatiert auf 1.22MB mit dem folgenden Befehl:
format a: /fs:fat /v: /a:1024 /t:77 /n:8 /y

Nun da wir endlich unseren Strom, den Monitor (+Lautsprecher) und die nötige Software haben... dürfen wir das Gerät endlich mal in Aktion sehen?

Bitteschön:

Nach dem Einladen der Disk wird automatisch das Betriebssystem Human68k und das Programm geladen. Der spezielle Sound-Treiber startet eine Loader-Musik, die uns die kurze Ladezeit von 1-2 Minuten angenehm macht. Das erinnert ja direkt an C64er-Tapes!
Kurios: Jedes X68k-Modell verfügt über zwei interne Diskettenlaufwerke. Das bedeutet, bei grösserer Software die auf zwei Disketten verteilt ist, dürfen beide Disks gleichzeitig eingelegt werden für einen nahtlosen Ladevorgang ohne mühsames Wechseln.


So, und jetzt wie spielen wir das Ding? Die voreingestellte Keyboard-Belegung (U,I,8,J) grenzt ja an Unmenschlichkeit!
An der Vorderseite befindet sich der Joystick Anschluss, der allseits bekannte DB9-Port. Ein Atari-kompatibler Joystick sollte also ohne Probleme damit funktionieren, wenn man nicht mehr als einen Feuerknopf braucht. 99% aller X68 Games haben allerdings den zweiten Knopf bitter nötig, was also tun? Einen teuren MSX-kompatiblen Controller importieren?... Moment, wir hatten doch irgendwo ein paar Mega Drive Pads rumliegen! Kurz aufgeschraubt und zwei Drähtchen vertauscht (Kabel 7 an Pin9, Kabel 9 an Pin8), fertig!